Ansprechpartner
News DfX-Design
Fachthemenservice

Wie Best Practice die Produktentwicklung verkürzt

Bei der Entwicklung elektronischer Baugruppen können nach den Erfahrungen der Ihlemann AG wertvolle Zeit und erhebliche Kosten eingespart werden. Hier gibt es drei Hauptansatzpunkte: eine Design-Evaluierung, eine veränderte Prototypenphase sowie Technologien für kürzere Durchlaufzeiten in der Fertigung.


Der Weg von der Produktidee bis zur Serienfertigung soll schneller werden und weniger Kosten verursachen. In der Praxis werden die Prozesse allerdings eher komplexer und schwerer beherrschbar. So ist eine typische Prozesskette aus Design, Entwicklungsmuster, EMV-Prüfung, Designkorrektur, Prototyp, Redesign, nochmals EMV-Labor, Nullserie und Fertigungsvorbereitung oft zeitintensiver und mit mehr Änderungen verbunden als geplant. In diesem Trial-and-Error-Prozess können durch Best-Practice-Erfahrungen und durch eine engere Zusammenarbeit von Entwicklern und Fertigungsspezialisten mehrere Korrekturschleifen eingespart und der Produkteinführungsprozess erheblich verkürzt werden, so die Erfahrungen von Ihlemann. Der ZVEI spricht von der Parallelisierung von Design, Produktion der Prototypen und der Industrialisierung für die Serie („DfX-Design for Excellence“). Dabei gilt: Je früher Best-Practice-Erfahrungen im Produkteinführungsprozess berücksichtigt werden, umso größer ist die Zeit- und Kostenersparnis. Aus Sicht der Ihlemann AG sind die Hauptansatzpunkte:


  • eine Design-Evaluierung des PCB-Layouts vor Abschluss der Designphase,
  • die frühzeitige Anwendung von Serienstandards bereits in der Prototypenphase,
  • die Nutzung neuer Technologien und Methoden für kürzere Durchlaufzeiten in der Fertigung.

Design-Evaluierung des PCB-Layouts

Noch in der Designphase, also vor dem ersten Bestellen der Leiterplatte, kann durch eine softwaregestützte virtuelle Bestückung geprüft werden, ob die maßgeblichen Standards wie die IPC-A-610 „Acceptability of Electronic Assemblies“, die Vorgaben der Bauteilhersteller sowie die maschinenspezifischen Designrichtlinien der Fertigung eingehalten werden. Die virtuelle Bestückung erkennt typische Designfehler, wie

  •  Probleme mit Bauelementen: zu geringe Abstände von Bauelementen zueinander; falsche Padgrößen und Bohrungen; Aufschwimmen von Bauteilen durch eine falsche Padgestaltung; falsche Bauformen aufgrund von falschen Artikelnummern (Stücklistenfehler);
  • Probleme mit Durchkontaktierungen: zu geringe Bohrdurchmesser verhindern die Kapillarwirkungund das Aufsteigen des Lots; möglicher Lötzinnabfluss bei den Vias direkt in SMD-Pads;
  • Aufbau der Leiterplatte: fehlende Wärmefallen in Innenlagenan den Durchsteigern / Bohrungen mit Verbindungen zu Masseflächen verhindern wegen nicht ausreichender Durchwärmung einen vollständigen Lötdurchstieg.


Nach unseren Erfahrungen werden durch die Design-Evaluierung etwa 95 Prozent der Designfehler erkannt. Die restlichen 5 Prozent betreffen lediglich kundenspezifische Sonderentwicklungen. Nach der virtuellen Bestückung erstellt Ihlemann als Fertigungs-Dienstleister einen ausführlichen Report und gibt Hinweise zur Beseitigung der festgestellten Probleme und zur Fertigungsoptimierung. Dazu gehören auch Hinweise zum Materialmanagement, denn oft können problematische Bauteile durch Alternativen ersetzt werden. Hier berücksichtigen wir neben der Funktionalität auch Aspekte wie gesetzliche Normen, die langfristige Verfügbarkeit / Obsoleszenz-Management sowie die Materialpreisentwicklung.

Die vorgeschlagenen Designkorrekturen können in dieser frühen Phase des Produkteinführungsprozesses noch relativ einfach umgesetzt werden. Werden die Korrekturen nicht berücksichtigt, treten sie spätestens in der Serienfertigung als verdeckte Fehlerquellen auf. Das führt beispielsweise dazu, dass automatisierte Lötprozesse wie das Selektivlöten durch nachträgliche Handlötstellen ergänzt werden müssen. Das erhöht die Fehlerquote, führt zu steigenden Kosten und verzögert die Auslieferung. 


Die Erkenntnisse aus der Design-Evaluierung ermöglichen zudem eine kürzere Fertigungsvorbereitung, denn technologisch ist weitgehend sichergestellt, dass beim Übergang von der Prototypen- zur Serienphase keine zeit- und kostenaufwendigen Korrekturen mehr erforderlich sind.

Eine neue Sicht auf die Prototypenphase

Die technologischen Unterschiede zwischen Prototypen- und Serienfertigung werden durch kompaktere Designs und kleinere Bauteile zunehmend größer. Da im traditionellen Prototypenbau viele Bauteile manuell bestückt werden, wirkt sich die zunehmende Miniaturisierung immer stärker aus. Die erforderliche Positionsgenauigkeit eines SMD-Bauteils von beispielsweise 50 µm ist per Hand nicht zuverlässig einzuhalten. Befinden sich die Bauteile in der Paste nicht exakt an der richtigen Stelle (x, y und Höhe), ergeben sich mangelhafte Lötstellen mit Fehlerraten von häufig 20 bis 30 %.


Die Bestückung erfolgt üblicherweise auf Musterbaumaschinen. Datenformate, Prozesse und technische Parameter unterscheiden sich daher von den Serienmaschinen. Trotz einer erfolgreichen Inbetriebnahme eines traditionell hergestellten Prototypen ergeben sich durch die größer werdenden Unterschiede zwischen Prototypen- und Serienfertigung nach der Prototypenphase steigende Entwicklungsaufwände. Deshalb empfiehlt die Ihlemann AG die Fertigung von Prototypen bereits auf High End SMD-Bestückungsautomaten. Hier werden Anforderungen wie Design for Manufacturing (DfM), Design for Testability (DfT) und Design for Cost (DfC) bereits an die Erstellung von Prototypen gestellt. Das hat zur Folge, dass bereits vor der Nullserie alle Vorbereitungen der Serienproduktion abgeschlossen sind. Dadurch kann ein ganzer Prozessschritt eingespart und der doppelte Aufwand für die Vorbereitung der Prototypen- und Serienfertigung entfallen.

Risikomanagement und kürzere Fertigungszeiten

Es reicht nicht aus, durch immer leistungsfähigere Testverfahren auch verdeckte Fehler immer besser zu erkennen. Es geht darum, die Fehler frühzeitig zu vermeiden. Das betrifft sowohl nicht normgerechte Designs als auch Verfahren und Abläufe in der Fertigung durch Anwendung von Risikomanagement-Verfahren wie das FMEA (Failure Mode and Effects Analysis), dass für jeden einzelnen Prozess, jedes System und für jedes Produkt untersucht und bewertet, wo Fehler auftreten können, welche Bedeutung sie für den Kunden haben, mit welcher Auftretenswahrscheinlichkeit zu rechnen und wie groß die Entdeckungswahrscheinlichkeit ist. Dieses präventive Vorgehen wurde bei Ihlemann zunächst in der Medizintechnik und schließlich für alle Prozesse umgesetzt.


Als EMS-Dienstleister sind wir mit dieser neuen Qualitätsphilosophie in der Lage, neue Chancen besser zu erkennen und zu nutzen, beispielsweise durch die Anwendung innovativer Technologien. Die Vermeidung von Fehlern verbessert dabei nicht nur die Qualitätskennzahlen, sondern sorgt auch für kürzere Durchlaufzeiten in der Fertigung. Beispiele sind der Lötprozess unter Stickstoff, Verfahren wie Pin in Paste und die Beratung bei der Auswahl von Bauformen.


Noch vor 10 Jahren fehlte es an Verfahren wie dem Selektivlöten oder dem Einsatz einer Stickstoff-Atmosphäre beim THT-Löten. So gab es viele Probleme mit fehlerhaften Lötstellen und störende Flussmittelrückstände. Durch die Verwendung von Stickstoff als Schutzgas in Wellenlötmaschinen und Reflow-Öfen wird der Sauerstoffgehalt in der Prozesskammer so weit reduziert, dass das flüssige Lot und die erwärmten Oberflächen der Bauteile und Leiterkarten nicht weiter oxidieren können. Im Ergebnis verbessert sich das Benetzungsverhalten, es wird weniger Flussmittel eingesetzt und die Lötprozesse werden sicherer und fehlerfreier.

THT-Bauteile automatisiert bestücken

Die Bestückung von THT-Bauteilen ist nach wie vor eine qualitative und prozesstechnische Herausforderung. Die weitgehend manuellen Abläufe dauern erheblich länger und sind deutlich fehleranfälliger. Einige Teilschritte wie das Selektivlöten wurden bereits automatisiert, andere wie das automatisierte Testen sind bei Ihlemann in der Umsetzung. Für Baugruppen mit wenigen THT-Bauteilen kann der Einsatz des Pin-in-Paste-Verfahrens sinnvoll sein.


„Pin in Paste“ bzw. die Through-hole-reflow-Technologie (THR) ist ein seit 15 Jahren bekanntes Verfahren, wurde aber wegen der in der Vergangenheit eingeschränkten technologischen Beherrschbarkeit nur begrenzt eingesetzt. Durch Fortschritte bei den Bauteilen und den eingesetzten Hilfsstoffen hat sich das aus Sicht von Ihlemann inzwischen geändert. Ohne dieses Verfahren mussten zunächst die SMD-Bauteile bestückt und danach reflowgelötet werden. Die THT-Bauteile wie Steckverbinder und Stecker wurden dann erst in einem zusätzlichen Arbeitsgang manuell eingesetzt und wenn möglich wellengelötet.


Bei Pin in Paste werden bedrahtete Bauelemente wie SMD-Bauteile behandelt und ebenfalls automatisiert bestückt. Dafür werden Bohrungen auf der Leiterkarte mit Lotpaste gefüllt, die Pins der THT-Bauteile durch den Bestückautomaten in die mit Paste gefüllten Bohrungen eingesetzt und dann im Reflowofen gelötet. Beim Einsetzen des bedrahteten Bauteils wird die Paste in der Bohrung nach unten gedrückt und hängt als Tropfen am Pin. Beim Aufschmelzen im Ofen zieht sich das Zinn nach oben und sorgt so für die Füllung der Durchkontaktierung. Dies verlief in der Vergangenheit oft nicht reibungslos, weil die Lotpaste zu schnell austrocknete, als Tropfen nach unten fiel und eine offene Lötstelle hinterließ. Verbesserte Pasten sind inzwischen prozesssicher und verfügen über ein besseres Benetzungsverhalten. Darüber hinaus haben die Bauteilhersteller auch spezielle temperaturstabile THR-Produktvarianten entwickelt, die wie SMD-Bauelemente für die automatisierte Bestückung auf Gurten geliefert werden.


Durch die gemeinsame Verarbeitung von SMD- und THR-Bauteilen wird ein kompletter, stark manuell bestimmter Arbeitsgang eingespart. Das verbessert die Qualität, reduziert die Kosten, verkürzt die Verarbeitungszeit und ermöglicht zudem geringere Bauteil- und Lötstellenabstände zwischen den verschiedenen Technologien.

Bauformen und Schablonentechnologien

Durch die Design-Evaluierung wird häufig die Auswahl von problematischen Bauteilen und Bauformen thematisiert. Entwickler entscheiden sich für ein bestimmtes Bauteil, um beispielsweise möglichst geringe Abstände zu erreichen oder andere funktionale Eigenschaften zu erzielen. Bei dieser Auswahl werden oft unbemerkt unterschiedliche Technologien miteinander kombiniert, wie Ultrafine pitch BGAs mit einem Raster von 0,4mm und leistungsstarke Spulen mit großflächigen Anschlüssen. Das Problem tritt dann beim Pastendruck auf, weil sich die Druckschablonendicke nach dem kleinsten Rastermaß bzw. dem kritischsten Bauteil auf der Leiterplatte richtet. 

Je dünner die Schablone wird, umso weniger Lot steht allerdings für die Ausbildung der Lötstellen zur Verfügung. So wird für ein Chipbauteil 0201 eine Schablonendicke von 80 oder 100 µm verwendet und für einen Stecker dagegen eine Schablonendicke von 150 µm mit deutlich mehr Pastenvolumen. Die für ein 0201-Bauteil optimale Pastenmenge und -höhe würde für den Stecker allerdings nicht ausreichen, was eine sogenannte Stufenschablone bzw. eine Patchwork-Schablone mit unterschiedlichen Blechdicken erforderlich machen würde. Durch die frühe Abstimmung von Entwickler und Fertigungsspezialisten in der Designphase können die damit verbundenen deutlich höheren Kosten noch sehr leicht vermieden werden, weil das gleiche Bauteil häufig auch in einer anderen Bauform verfügbar ist. 

Schnellkontakt

Sie interessieren sich für die Ihlemann GmbH und benötigen weiterführende Informationen?
Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.

Hinweis

Ja, ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden,
dass die von mir angegebenen Daten elektronisch erhoben und gespeichert werden.
Meine Daten werden dabei nur streng zweckgebunden zur Bearbeitung und Beantwortung meiner Anfrage benutzt.
Mit dem Absenden des Kontaktformulars erkläre ich mich mit der Verarbeitung einverstanden.

Ich habe die Hinweise zur Kenntnis genommen

* Pflichtfelder

Cookies